Als Graf Wolfgang von Löwenstein-Wertheim 1625 heiratete, wurde die Heimführung seiner Frau zu einem Fest auch für die Untertanen. Trompeter und andere Musikanten spielten auf, wofür Graf Wolfgang 33 Gulden hinblätterte. Auch Seiltänzer waren aktiv (12 Gulden). Leider weiß man nicht, ob der Graf seine Frau nach Wertheim oder Breuberg heimführte, beides ist möglich, weil der Graf an beiden Orten residierte. Wir stellen uns hier aber einfach Wertheim vor. Dort war dann einiges los bei dieser Heimführung mit Musik und Tanz in den Gassen. Am folgenden Sonntag tanzte sogar ein dressierter Bär zur Unterhaltung. Graf Wolfgang dankte dem Bärenführer mit vier Gulden. Die damals geschlossene Ehe stand unter keinem guten Stern. Die einzige Tochter verstarb bereits 1634, zwei Jahre vor ihrem Vater. Gräfin Barbara dagegen, eine geborene Hohenlohe-Waldenburg, überlebte ihren Mann um fast 30 Jahre.

Alle Beteiligten sind heute lange tot, die Musik ist längst verklungen und das Spektakel vergessen, aber über die Kosten wissen wir genau Bescheid. Wir verdanken diese Informationen Abrechnungen des gräflichen Hauswirtschaftsmanns, damals Hausvogt genannt. In den Rechnungen der Hausvögte ist jeder Schoppen vermerkt, der am Hof ausgeschenkt wurde, und noch das letzte Ei festgehalten, das in der Küche verbraucht wurde. Diese Rechnungen haben auch eine Rubrik für freiwillige Zahlungen, die „Verehrungen“. Hier finden sich Spenden an durchreisende Arme und Abgebrannte, an exilierte Pfarrer und versehrte Soldaten, recht häufig auch an verarmte Adelige oder jedenfalls Personen, die sich als verarmte Adelige ausgaben. Und hier finden sich Zahlungen an Künstler verschiedenster Art, die für Unterhaltung in Wertheim sorgten. Man muss sagen: Es wurde einiges geboten. Und das nicht nur, wenn eine neue Gräfin in die Residenzstadt kam.

Die absoluten Stars unter den Musikern scheinen damals die Lautenspieler gewesen zu sein. Sie erhielten Traumgagen. Dem französischen Lautenist Husson, der 1625 nach Wertheim kam, wurde die enorme Summe von 30 Gulden verehrt, drei Jahre zuvor hatte ein anderer Lautenist zehn Gulden erhalten. Das war viel, selbst wenn man bedenkt, dass ein Lautenspieler eine Riesenanzahl Saiten zu bedienen hat und allein schon die Stimmung des Instruments einen Kraftakt bedeutet. 1618 hatte ein jüdischer Lautenspieler aus Frankfurt drei Gulden bekommen.

Im Jahr 1618 lässt sich ein weiterer Bärenführer in Wertheim nachweisen. Mit drei Bären hielt er ein Spiel, heißt es, im städtischen Tanzhaus, und bekam dafür einen halben Gulden. Dieses Tanzhaus stand am Marktplatz, Ecke Brückengasse, im Erdgeschoss befanden sich Läden der Bäcker und der Metzger, im Obergeschoss ein Tanzboden. Graf Wolfgang Ernst unterstützte hier ein Kulturereignis, das in der Stadt und für die Bürger stattfand. Ob er selbst auch zusah? Sicher sagen lässt sich dies für Pfingsten 1619, als Wolfgang Ernst in Grünenwört einem Spielmann 10 Taler verehrte, nachdem er samt Gräfin, adeligen Fräulein und Herren dem Tanz zugesehen hatte. Im selben Jahr gab er zwei Gulden für einige Gaukler und Seiltänzer, die in der Stadt waren, außerdem Geld für Fechter, die ihre Kunst ebenfalls auf dem Tanzhaus zeigten. Ausgaben für Fechter kamen regelmäßig vor. Ihr Auftritt im Tanzhaus zeigt, dass diese adelige Sportart auch zur Unterhaltung des gemeinen Volks diente, gesponsert durch Graf Wolfgang.

Das Tanzhaus gehörte der Stadt Wertheim, bei der man auch den Saal mieten konnte. Hier wurden Hochzeiten gefeiert und Schauspiele von reisenden Theatertruppen aufgeführt. Am Ende des 18. Jahrhunderts war das Haus in einem schlechten Zustand. Es bestand Sanierungsbedarf, würde man heute sagen, und die Regierung der Wertheimer Grafen wies den Stadtrat nachdrücklich darauf hin. Der musste die Sanierung nämlich bezahlen. Wen wundert’s, dass der Stadtrat den Zustand des Hauses ganz anders einschätzte. Der darüber entstandene Streit zog sich fast 30 Jahre hin. Um 1820 wurde das alte Tanzhaus dann schließlich abgebrochen und Bären, Fechter und Gaukler müssen seitdem anderswo in Wertheim auftreten.

Druck: Fränkische Nachrichten 27.12.2010