Die Nachbarorte Steinbach und Hundheim begehen beide in diesem Jahr 800 Jahre Ersterwähnung und feiern gemeinsam. Das macht auch deshalb Sinn, weil sich die Ersterwähnungen auf ein und derselben Urkunde des Klosters Bronnbach befinden. Hundheim und Steinbach tauchen sozusagen gemeinsam aus dem Dunkel der Geschichte auf. Danach aber kam viel Trennendes. Die Orte gehörten nämlich zu verschiedenen Territorien. Steinbach war seit dem 15. Jahrhundert ein Dorf der Grafschaft Wertheim, während Hundheim zum Land des Mainzer Erzbischofs gehörte.
Im Staatsarchiv in Bronnbach finden sich vor allem Nachrichten über Streitigkeiten Hundheims mit seinen Nachbarn, die aus dieser Grenzlage entstanden. Da hoben zum Beispiel die Messhöfer einen Graben aus, damit die Hundheimer ihr Vieh nicht in den zum Messhof gehörenden Wald treiben konnten. Die Hundheimer aber schippten den Graben wieder zu und trieben ihr Vieh in den Wald. 1769 fing sich der Hundheimer Bürgermeister gar Schläge des Bronnbacher Försters ein. Der hatte ihn nämlich im Bronnbacher Wald mit einem Wagen voll Holz angetroffen und sofort den Verdacht, der Bürgermeister habe das Holz aus dem Klosterwald besorgt. Er nahm ihm das Holz ab, schlug den Bürgermeister und zog ihn an den Haaren. Das Ganze wurde unter dem Schlagwort „Hundheimer Exzess“ zu einem Gerichtsprozess, der bis vors oberste Gericht des Heiligen Römischen Reiches führte. Dass ein Klosterförster einen Bürgermeister schlug, weil der im Klosterwald Holz geklaut hatte, führte die Rechtsprechung auf schwieriges Terrain. Viehtrieb und Holzrechte der Hundheimer im Wald beim Messhof blieben über Jahrhunderte strittig.
So ging es immer hin und her. Um 1570 waren einmal 27 Steinbacher Hammel gepfändet worden, weil sie auf einer Weide weideten, auf der sie nach Meinung der Hundheimer nicht weiden durften. Auch dieser Konflikt beschäftigte das Reichskammergericht. Ein weiterer Streit kreiste um die Frage, wo die Grenze zwischen der Hundheimer und der Dörlesberger Gemarkung genau verlief. Regelmäßig ärgerten die Hundheimer ihre Nachbarn mit Markungsumgängen, die nach Ansicht der Dörlesberger gar keine Grenzgänge, sondern Wanderungen über Dörlesberger Gebiet waren. Anfang September 1653 erschienen 30 Hundheimer inklusive Notar und einem Mainzer Beamten aus Külsheim an der fraglichen Grenze, wo sich ihnen der Dörlesberger Schultheiß in den Weg stellte. Bis auf zwei Steinwürfe kamen die Hundheimer an Dörlesberg heran, dann gab es eine große Schlägerei.
Im Dezember eskalierte der Streit weiter. Der Külsheimer Beamte erschien an der Spitze mehrerer hundert Männer mit fünf Trommelschlägern und Pfeiffern morgens um sieben Uhr auf der Dörlesberger Markung und versetzte Grenzsteine. Dörlesberger, die protestierten, wurden mit Musketen geschlagen. Einige kamen als Gefangene nach Külsheim. Unter ihnen war der Sohn des Schultheißen, der in Külsheim in einen Turm gesperrt wurde, in dem es Schlangen gab (behaupteten jedenfalls die Hundheimer).
Wieder entstand ein Gerichtsprozess. In dessen Verlauf wurde vorgebracht, dass sich der Mainzer Beamte aus Külsheim sich am Wertheimer Katharinenmarkt kürzlich schwer besoffen hatte, abends nach Schließung der Tore mit seinem Pferd durch die Wertheimer Gassen geprescht war und wild um sich geballert hatte. Einem solchen Mann sollte man in Mainz besser nichts glauben, schrieben die Wertheimer. Die Mainzer dagegen wussten von Wertheimer Gewalttaten gegen den Hundheimer Schultheißen zu berichten. Außerdem brachten sie vor, dass die Dörlesberger Schultheißenfrau einem Hundheimer Bauern den Bart ausgerissen hatte. Damals scheint auch manche Frau rasch handgreiflich geworden zu sein.
So gingen die Streitigkeiten, über die die Bronnbacher Archivalien berichten, immer weiter fort. Zum Glück aber gibt es in Bronnbach auch eine Hundheimer Dorfrechnung aus dem Jahr 1731/32, die zehn Jahre älter ist als die älteste Rechnung im Gemeindearchiv. Sie ermöglicht einen schönen Blick ins Hundheim dieser Jahre. Die Rechnung listet nämlich auf, was die Gemeinde damals an Geld einnahm, und wofür sie es ausgab.
Die Rechnung der Gemeinde
Man erfährt, dass es in Hundheim damals zwei Gastwirtschaften gab, den Lorbeerbaum des Wirts Hans Schill und das Weiße Ross von Peter Segner. Beide zahlten fünf Gulden Steuern auf den ausgeschenkten Wein, dürften also etwa gleich groß gewesen sein. Die Gemeinde hatte Wald und verkaufte Holz, sogar bis nach Holland. In der Rechnung stehen 100 Stämme Eichenholz, die an den holländischen Kaufmann Johann Peter Milz verkauft wurden für 4 Gulden 30 Kreuzer das Stück, was eine sehr ansehnliche Summe von über 400 Gulden ergab. Sämtliche Schatzungen (eine Art Vermögenssteuer) in Hundheim brachten in diesem Jahr die Summe von 537 Gulden ein. Größter Grundbesitzer auf Hundheimer Markung war das Kloster Bronnbach, das 39 Gulden „Bodenzinsen“ zahlte. Insgesamt verzeichnete Hundheim Einnahmen von 1266 Gulden und acht Kreuzern.
An Personalkosten fielen an: ein Waldschütz (7 Gulden), ein Feldschütz (6 Gulden) und ein Schweinehirt (2 Gulden). Der Schulmeister bekam für die Gerichtsschreiberei 4 Gulden 30 Kreuzer, die beiden Bürgermeister erhielten je vier Gulden. Der Pastor bekam für die Fronleichnamsprozession 30 Kreuzer, für die Wallfahrt nach Dornberg 45 und für den Flurgang am Ostermontag 20 Kreuzer. Die Rechnung zeigt auch, welche Feste man in Hundheim feierte. Einem „alten Gebrauch nach“ wurden den Kühen die Hörner abgeschnitten, wobei Schultheiß, Bürgermeister und Gericht es sich gut gehen ließen und in den Wirtschaften zusammen einen Gulden verzehrten. Zehrkosten gab es auch bei der Fronleichnamsprozession (6 Gulden), beim traditionellen Markungsgang der Landschieder im Frühjahr und im Herbst (4 Gulden) und bei den Sitzungen des Dorfgerichts (4 Gulden). Insgesamt füllen diese „Zehrungskosten“ sieben Seiten in der Rechnung. Speis und Trank auf Kosten der Gemeinde gehörten dazu, wenn man im Ort einen Posten hatte.
Ein weiterer großer Posten im Gemeindehaushalt waren 521 Gulden für einen Prozess, den man wegen der Gemarkung der Messhöfe mit der Grafschaft Wertheim führte. Da kam Kaminfeger Barthel Blatz aus Tauberbischofsheim deutlich billiger, er fegte alle Hundheimer Schlote für 6 Gulden. Eine Uhr hatte Hundheim auch, Uhrmacher Franz Schumann aus Külsheim reparierte sie für einen Gulden 12 Kreuzer. Die Summe der Ausgaben ergab in diesem Jahr 1311 Gulden 35 Kreuzer, so dass man ein Minus von 45 Gulden oder dreieinhalb Prozent des Etats feststellen kann – durchaus vertretbar. Ganz anders hätte die Finanzlage Hundheim allerdings ausgesehen, wenn der holländische Kaufmann nicht für über 400 Gulden Holz im Ort gekauft hätte.
Druck: Fränkische Nachrichten 19.3.2014