Im Mai des Jahres 1621 wurde in der kaiserlichen Hofkanzlei in Wien ein Schreiben nach Wertheim entworfen. Seine Majestät Ferdinand II., von Gottes Gnaden erwählter römischer Kaiser, teilte den Wertheimer Grafen darin mit, sein „Leibguardier, Härtschier, Hoffbuchdrucker und getreuer Lieber Wolfgang Schumpp“ wolle nach Wertheim reisen und habe ihn um einen Empfehlungsbrief gebeten. Der Kaiser hat ihn gerne ausgestellt, heißt es, angesichts von Schumpps ihm und seinem Vorgänger seit etlichen Jahren erwiesener Treue.
Kaiserlicher Leibgardist und Hofbuchdrucker, das war schon was. Es wird noch eindrucksvoller, wenn man weiß, dass dieser Wolfgang Schumpp aus Wertheim kam. Ein Wertheimer war kaiserlicher Hofbuchdrucker geworden! Und kam nun 1621 aus traurigem Anlass heim an die Tauber. Sein Vater Johann Schumpp war gestorben, und Wolfgang kam, sein Erbe anzutreten. Mit dem Empfehlungsbrief des Kaisers, sollte man meinen, würde sich die Geschichte rasch abwickeln lassen.
Leider lag die Sache nicht ganz einfach. Bevor er sein Erbe nach Wien bringen konnte, musste Wolfgang zunächst feststellen lassen, was denn überhaupt zu seinem Erbteil gehörte. Denn es gab Geschwister. Zwei Brüder Wolfgangs waren noch am Leben, und beide wohnten in Straßburg. Wolfgang bat nun die Grafen, sie zur Teilung des Erbes nach Wertheim zu zitieren. Die Wertheimer Kanzlei erkannte diesen Wunsch als billig an. Die beiden Schumppe sollten sich aus Straßburg schleunig und ohne Saumseligkeit nach Wertheim verfügen, wurde beschlossen, kämen sie nicht, sollte die Teilung von Amts wegen erfolgen. Man gab sich alle Mühe, um beim kaiserlichen Hofbuchdrucker keinen Unmut aufkommen zu lassen.
Der Wertheimer Schulrektor Adam Drach fertigte ein Inventar all dessen an, was Johann Schumpp hinterlassen hatte. Man erkennt sofort, warum sein Sohn aus Wien gekommen war: Haus und Scheuer in der Eichelgasse. Diverse Weinberge und Gärten. Silbergeschirr nur wenig, dafür viel Zimmergeschirr, diverse Kannen, auch solche aus Zinn. Siebzehn Pfannen. Zwei eiserne Röste. Diverse Unter- und Oberbetten, Teppiche. Zehn flächserne Tischtücher. Sechs Männerhemden, allerdings alle böse. Viel gesponnenes Garn. Zwei Wollmäntel. Ein fuchsener Schlafpelz. Ein Pfund Zucker. Ein halbes Pfund Pfeffer. Mehr als zehn Fässer Wein. Eine Kuh, ein Kalb, ein Bock. Der Besitz des verstorbenen Johann Schump konnte sich sehen lassen.
Ein Drittel davon mitgenommen nach Wien, und Schumpps Reise hätte sich gelohnt. Aber Erbteilungen haben ihre Tücken. Im Falle Schumpp bestand eine darin, dass sein Bruder Bartholomäus – er war Cantor in Wertheim gewesen und 1618 verstorben – eine Tochter aus dem Hause Konrad geehelicht hatte. Deren Vater hatte dann erneut geheiratet, und so ergaben sich Schwierigkeiten bei der Auszahlung der Heimsteuer. Solche erneuten Heiraten pflegten der Obrigkeit schon immer mehr Arbeit zu machen und mehr Akten zu produzieren, als alle Kriminalvergehen zusammengenommen. Barthel Schumpp verlangte zunächst 150 Gulden, die Witwe Konrad antwortete mit einer Gegenklage im Wert von 1000 Gulden. Nach Ansicht der Schumppe hatte die Konrad keinerlei Beweise, nach Ansicht der Konrad langte es für zentimeterdicke Prozessschriften. Die Klage wurde nach dem Tod von Barthel von dessen Vater Johann Schumpp weitergeführt. Anfragen gingen bis Leipzig, wo Vater Konrad einst bei Weinhändlern im Dienst gestanden hatte. Und nach dem Tod von Johann Schumpp erhob sich nun die Frage, inwieweit die 150 Gulden zur Erbschaft gehörten (oder gar die 1000 davon abgezogen werden müssten). Erst vier Jahre später, 1625, sollte ein Schriftsatz der juristischen Fakultät der Universität Nürnberg hier zu einem Urteil kommen. Im Jahr darauf nahm der Erbfall Schumpp eine neue Wendung. Nun schrieben Bürgermeister und Rat aus Straßburg an die Wertheimer Grafen: Hieronymus Schumpp, Küfer und Straßburger Bürger, war verstorben. Es gab keine Kinder, aber ein Testament. Bei dessen Publikation müssten Stephan Schumpp, Küfer und Bürger in Wertheim, und die Kinder des verstorbenen Wolfgang Schumpp anwesend sein. Da war er also auch schon tot, der Wolfgang Schumpp, und hätte sich am väterlichen Erbe nur kurz erfreuen können.
Eher unwahrscheinlich also, dass Wolfgang Schumpp 1621 mit seinem Erbteil zurück nach Wien gehen konnte. Die Akten schweigen sich aus. Der Versuch, der Sache mit einem kaiserlichen Empfehlungsschreiben Nachdruck zu verleihen, scheint nicht von Erfolg gekrönt worden zu sein. Aber immerhin wissen wir heute, dass es einmal ein Wertheimer zum kaiserlichen Leibgardist und Hofbuchdrucker gebracht hat.
Druck: Fränkische Nachrichten 8.10.2009