Branntwein, Bratfisch und Gerüchte auf dem Weg zwischen Wertheim und Frankfurt

Private Briefe aus bürgerlichen Familien finden sich eigentlich nicht in staatlichen Archiven. Warum sollten sie auch, denn solche Schreiben kommen normalerweise nicht in den Geschäftsgang der Verwaltung. Da ist es besonders schön, wenn sich doch einmal private Briefe erhalten haben wie im Fall von Vater Elias und Sohn Nikolaus Bausback aus den Jahren 1626 bis 1636. Elias Bausback war nämlich in verschiedenen Ämtern für die Grafen Löwenstein tätig. Nun arbeiteten die Beamten damals meist von zu Hause aus, und so befanden sich bei seinem Tod enorme Stapel von Papieren in Bausbacks Wohnung. Die privaten Schreiben waren darin wohl einfach untergegangen und gelangten mit den amtlichen Unterlagen ins Archiv.

Elias Bausback mietete 1618 ein Haus in der Eichelgasse, Sohn Nikolaus zog Mitte der 1620er Jahre nach Frankfurt. Dort bekam er mit, wie seine Schwester Agatha 1628 mit einem Korporal durchbrannte, der in Eichel einquartiert gewesen war. Nikolaus kommentierte dies in einem Brief an den Vater: „Mir gar wohl bewusst, dass Ihr uns allzeit unter Eurer väterlicher Ruten genugsam angehalten“, aber „dasselbig bei ihr nichts verfangen wollen.“ Eine Erziehung, die nicht so recht funktionierte – das gab es damals also auch schon. Auch mit seiner Schwester Maria Ursula war Nikolaus nicht glücklich. 1633 hatte er ihr eine Dienststelle in Umstadt im Odenwald besorgt, aber Ursula trat die Stelle nicht an. Der Bruder äußerte sich darüber recht verstimmt und stellte fest, dass seine Schwester offenbar nichts lernen wolle und nur den Eltern „auf dem Hals liegen“. Dabei kamen die Eltern selbst kaum rum, wie er schreibt, und er hatte in Frankfurt auch gar kein Geld.

Nikolaus arbeitete in Frankfurt in einer Gerichtskanzlei, zu deren Aufgaben es gehörte, in von der Pest betroffenen Dörfern auf dem Land Inventare der Hinterlassenschaften von Verstorbenen aufzustellen. Keine schöne Aufgabe, weshalb Nikolaus und seine Kollegen vorher gerne Branntwein tranken. Wir wissen dies aus den Briefen an den Vater, von dem er sich Branntwein aus Wertheim schicken ließ.

Neben Branntwein kam auch vorzüglicher Bratfisch aus Wertheim. Einmal hatte Vater Elias zwei Stück nach Frankfurt geschickt, wofür der Sohn herzlich dankte. Einen schenkte er seinem Herrn und Patron, den anderen seinen Kollegen, „welche sich darmit sehr wohl belustiget“. Derart begeistert vom Wertheimer Bratfisch waren die Kollegen, dass sie auf eigene Kosten welchen nachbestellten. Der Wertheimer Bratfisch kam in Frankfurt gut an.

Wenn der Bratfisch den Main hinunter kam, so schickte Nikolaus Tuch den Main hinauf. Seine Hemden ließ er sich nämlich weiterhin in Wertheim schneidern. Ob das am Preis der Wertheimer Schneider oder an ihrem besonderen Schnitt lag, weiß man nicht. Die Krägen an Händen und am Hals wollte Nikolaus jedenfalls doppelt gesteppt. Von einem speziellen Wertheim stile, der in der Mainmetropole Furore gemacht hätte, ist heute allerdings nichts mehr bekannt.

Immer wieder versorgte Nikolaus den Vater mit Informationen über Truppenbewegungen und sonstige Kriegsereignisse. Schließlich befinden wir uns mitten im 30-jährigen Krieg, und in Frankfurt war man gut informiert. Im November 1632 berichtete Nikolaus von einer schrecklichen Schlacht zwischen der „königlichen Majestät“ (Schwedenkönig Gustav Adolf) und dem „Friedlander“ (der kaiserliche General Wallenstein). Der König soll drei tödliche Schüsse empfangen haben. Vater Elias konnte die Sache wohl nicht glauben, und so bestätigte ihm Nikolaus im Februar 1633 nochmals den Tod des Schwedenkönigs, der von ihm eindeutig als rechtmäßiger Herrscher auch in Franken empfunden wurde. „Gott beschere uns einen anderen Helden“, schrieb er ganz ohne Ironie.

Im Jahr darauf dachte Nikolaus ans Heiraten. Das sprach sich rasch bis Wertheim herum. Nikolaus beschwerte sich, dass jedermann, der zu ihm komme, die Heiratspläne lang und breit kommentiere. Das passte ihm nicht, und er bat den Vater, „zur Zeit nicht viel Wesens“ von seiner Heirat zu machen.

Geheiratet hat er dann tatsächlich und zum Notar stieg er auch noch auf. Als solcher konnte er im Juli 1636 einen Brief an den Vater unterzeichnen, in dem er ihm von einer wochenlangen Krankheit berichtete. Der Vater solle ihn recht bald einmal besuchen. Dazu ist es wohl nicht mehr gekommen. Am 8. August 1636 kam Nikolaus‘ Frau Rosina der traurigen Pflicht nach, ihren Schwiegereltern den Tod des Sohnes mitzuteilen. Sieben Wochen hatte er an der Lungensucht gelitten, dann hatte der Allmächtige ihn abgefordert, schrieb sie verbunden mit dem Wunsch, dass Gott der Allmächtige „dessen abgestorbenem Leichnam ... in seinem Schlafkämmerlein eine sanfte Ruhe verleihen, der Seelen aber in der ewigen Freude gnädiglich pflegen wolle.“

Druck: Fränkische Nachrichten 20.2.2015